Montag, 18. April 2016

Merkels Irrfahrt - Die Causa Böhmermann II.

Cari fratelli e sorelle dell´umanita,

nun ist es soweit: Angela Merkel hat entgegen dem Willen ihres Koalitionspartners, der SPD, und entgegen dem Willen der Mehrheit der Deutschen dem Ersuchen der türkischen Regierung um eine strafrechtliche Verfolgung des Satirebeitrags des Komikers Jan Böhmermann stattgegeben und zugleich betont, dass die Freiheit der Kunst, der Satire und der Rede- und Meinungsfreiheit nicht verhandelbar ist.

Diese Äußerung der Bundeskanzlerin kommt zwei Wochen zu spät, es wäre wirklich besser gewesen, wenn sich Angela Merkel gleich nach der Ausstrahlung des Satirebeitrags vorbehaltlos HINTER Jan Böhmermann gestellt hätte und ihn und vor allem die Freiheit der Kunst, der Satire und der Rede- und Meinungsfreiheit nachdrücklich und unmissverständlich gegenüber der türkischen Regierung verteidigt hätte, ganz gleich, ob der beanstandete Satirebeitrag nun stilistisch gelungen ist oder nicht, dabei halte ich mich persönlich an folgende Aussage, die dem berühmten Philosophen Voltaire (1694 - 1778) zugeschrieben wird:

„Ich lehne ab, was Sie sagen, aber ich werde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen."

So aber ist es ein einziges Trauerspiel, dass die Bundeskanzlerin erst zwei Wochen, nachdem sie dem türkischen Ministerpräsidenten Davotuglu ihr Missfallen über den satirischen Beitrag Böhmermanns bekundet hatte, für die Satire- und Meinungsfreiheit in Deutschland eintritt und darüber hinaus die Abschaffung des entsprechenden Paragraphen 103 StGB, nachdem Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter mit einer Geldstrafe oder mit bis zu 5 Jahren Haft geahndet wird, bis zum Jahr 2018 verkündet. Das hieße also, dass Jan Böhmermann der Letzte sein wird, gegen den wegen dieses Paragraphen ein Gerichtsverfahren angestrengt wird, bevor der entsprechende Paragraph endgültig verworfen wird - ein nicht nur in meinen Augen völlig absurder Akt der politischen Schizophrenie, die inzwischen international zu Recht scharf kritisiert wird!

Frau Merkel hätte es besser zu Gesicht gestanden, wenn sie sich - wie gesagt - vorbehaltlos gleich hinter Böhmermann und die Satire- und Meinungsfreiheit gestellt hätte und zugleich die sofortige Abschaffung des entsprechenden Paragraphen 103 StGB, der aus dem Status der Majestätsbeleidigung aus der wilhelminischen Epoche entstanden war, verkündet hätte.

Und wenn schon die Abschaffung fragwürdiger Paragraphen aus vergangenen Epochen gefordert wird, so sollten in dem Zusammenhang konsequenterweise auch die Paragraphen 90 des StGB (Beleidigung und Verunglimpfung des Bundespräsidenten) und 166 des StGB ("Gotteslästerungsparagraph") abgeschafft werden, denn diese Paragraphen haben nichts mehr mit einem modernen, weltoffenen, fortschrittlichen, pluralen und demokratischen Rechtsstaat zu tun, sondern behindern vielmehr dessen gesellschaftspolitischen Fortschritt.

Dieses ganze Heckmeck ist für mich einmal mehr ein Zeichen dafür, dass es der Bundesregierung, insbesondere aber der Bundeskanzlerin, mittlerweile an einem klaren und vernünftigen, wertegebundenen Kompass in der Außenpolitik, aber auch in der Innen- und selbst der Finanz- und Wirtschaftspolitik mangelt. Frau Merkels unglaubwürdiges Gebaren in der Causa Böhmermann, das nur dazu dienen soll, der türkischen Regierung jeglichen Unmut über die dortige Menschenrechtssituation und Drangsalierung von Zeitungen, Oppositionellen und Minderheiten zu ersparen und den schmutzigen Deal über die Rückführung der Flüchtlinge nicht zu gefährden, ist einer Demokratie und deren vernünftiger Repräsentanz absolut unwürdig - und diese neuerliche Irrfahrt unserer Bundeskanzlerin reiht sich nahtlos ein in die lange Reihe fragwürdiger politischer Entscheidungen der Ära Merkel, die mit ein Faktor für das Erstarken des rechten politischen Randes sind.

Angela Merkels Entscheidung, ein Strafverfahren der türkischen Regierung gegen Jan Böhmermann vor einem deutschen Gericht zuzulassen, ist zwar aus juristischer und formaler Sicht korrekt, aber aus politischer Sicht höchst fatal und dürfte dem Ansehen der Bundeskanzlerin weiteren schweren Schaden zufügen und mittelbar auch über ihre Kanzlerschaft entscheiden, wie ich dies schon in einem weiteren, vorangegangenen Blogbeitrag zur Causa Böhmermann artikuliert hatte.

Es ist aber gut zu wissen, dass die Freiheit der satirischen Meinungsäußerung, selbst wenn diese in noch so geschmackloser Weise vorgetragen wurde, noch immer von vielen Deutschen wertgeschätzt wird und in politischen Umfragen und den sozialen Netzwerken kundgetan wird - das ermutigt mich ungemein, dass es trotz aller Widrigkeiten noch immer ein funktionierendes soziales Gemeinwesen gibt, das sich notfalls auch gegen den Willen der Regierung erhebt!

And that´s the way it is. It´s Monday, April 18th, 2016.

Euer Bentossimo


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